abenteuer:g72:ysilia_bis_burkum

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Ysilia Bis Burkum
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10. Peraine 1019 BF 52.1.1 – In Ysilia Die Zeit in der wiedergeborenen Herzogenstadt vergeht schnell für Dajin, Jabal und Moriah. Schnee liegt auf der schwarzen Sichel und unregelmäßig pudern die Grüße Firuns die Straßen der Stadt. Doch immer häufiger bricht die kalte Sonne durch die Wolken. Nach endlosen Stunden Frage und Antwort Spiel mit dem Herzog und anderen hochgestellten Persönlichkeiten gestalten die drei Helden ihre Freizeit nach eigenem Gutdünken – auch, um mit dem Grauen im Nacken noch einmal mit sich selbst sein zu können. Das sanfte Rascheln der Bettdecke fügt sich so nahtlos in das flackernde Kerzenlicht und die warme Luft wie Dajins zufriedenes Lächeln. Der Maraskaner blickt auf den nackten Rücken der Spektabilität Jalna Ingrimsdottir. Das braune Haar mit den grauen Strähnen fällt lose über ihre Schultern, einige der typisch thorwalschen Zöpfe haben sich im Eifer des Gefechts vollkommen aufgelöst. Sie verschwindet im Halbdunkeln, um mit zwei Bechern Met und einem ernsten Gesichtsausdruck zurückzukehren. Dajin setzt sich halb auf, um den Becher entgegenzunehmen. Sie schaut ihm fest in die Augen und sagt: “Erzähl mir alles.” “Alles?” “Alles!” Also erzählt Dajin, ohne ein Detail auszulassen. Mit jeder Geschichte wird Jalnas Gesicht betroffener, trauriger, bis sie ihn bittet, nicht mehr alles zu erzählen. Als auch das keine Linderung für ihren Geist bedeutet, ordert sie mehr Met und holt eine Schatulle mit Rauschkraut. Sie bittet darum, nur noch das Wichtigste zu erzählen. Doch auch das ist zu viel. Die Nacht ist weit fortgeschritten, als die Geschichten verstummen, und beide in angespannter Stille beieinander sitzen. Selten hat Dajin seine Liebschaft ängstlich gesehen, doch in diesem Moment wirkt sie seltsam verletzlich, obwohl sie ihr thorwalscher Stolz nicht verlässt. Nach einiger Zeit, die sowohl eine Ewigkeit als auch ein Wimpernschlag sein kann, sagt sie leise, dass diese seltsam zusammengewürfelte Gruppe die Welt nicht wird retten können. “Aber vielleicht kannst du einige unserer Nachwuchsmagier erreichen, Dajin.” Sie schaut ihn an, während der Morgen vor dem Fenster langsam das Schwarz zu Blau färbt. “Sprich vor meinen Eleven.”

Auch der schwarze Löwe hält sich an seine Vertrauensperson in Ysilia, auch wenn die Gespräche mit Ucurian ähnlich ernüchternd verlaufen wie Jalnas Glaube in die Heldengruppe. Denn das ist, was sie tun in der Zeit: kämpfen und reden. In seiner blumigen, warmen und ausschweifenden Art erzählt Jabal Ucurian, wie er zu Moriah und Dajin gestoßen ist und was er bis hierher mit ihnen erlebt hat. Ucurian aber schaut ihn nur skeptisch unter zusammengezogenen Augenbrauen an. “Ihr seid als … leuchtende Sphärenwesen durch die Ebenen auf … in … “ Er schüttelt kurz den Kopf. “Wir haben die Welt des Blutsäufers besucht, ja.” Jabals Blick ist fest und er nickt wie zur Bekräftigung zwei Mal. “Bei Jarlak, das … und es steht außer Frage, dass Ihr unter dem Meer nicht vielleicht einfach zu wenig Luft bekommen habt? Man hört, dass dann seltsame Dinge erfahren werden …„ Jabal schüttelt vehement den Kopf. “Schau Ucurian, wir waren da! Ich selbst kann es ja kaum glauben und ich habe …” Bei dem Gedanken an die junge Lara und dem außerordentlichen Ereignis, mit ihr in einem Körper zu sein, stockt der Rondrageweihte kurz. “Nun, es ist passiert.” Es dauert, bis Jabal und Ucurian eine Kommunikationsebene finden, die das Nüchterne des Leibmeisters der Rondrakirche und die bildgewaltige Sprache des Ritters der Göttin verbindet. Doch Jabal schafft es, Ucurian die Erlebnisse glaubhaft zu erklären. Parallel erreicht er in diesen Tagen und den vielen Stunden des harten Trainings unter Ucurian die Schwertmeisterschaft mit dem Rondrakamm und damit auch mit Amul Dschadra.

Moriah entzieht sich währenddessen dem Trubel am Hof und geht dorthin, wo sie sich am wohlsten fühlt: in die Tavernen, Straßen und Hinterhöfe der Stadt. Die Bevölkerung ist geradezu euphorisch davon, dass sie wieder die Herzogstadt sind und hat kein Auge dafür, dass überall in der Welt gerade Brandherde aufflammen. Während der Boltanspiele, bei denen sie keine Skrupel hat den Händlern das Geld aus der Tasche zu ziehen, hört sie zu und erzählt im Gegenzug die großen Geschichten rund um ihre Gefährten, die dabei sind die Welt zu retten, um keine Panik beim einfachen Volk ausbrechen zu lassen. Fragen zum Vorgehen in der Burg umgeht sie mehr oder weniger geschickt, bevor sie zur nächsten Runde aufruft. Ein paar Tage später schließt sich auch Dajin an und gemeinsam erspielen sie stolze 1680 Dukaten für die gemeinsame Reisekasse. Einen kleinen Abstecher macht sie noch zur Wohnung des Straßenjungen Theo, dem sie einen Besuch im Rahjatempel spendiert.

11. Peraine 1019 BF

Am Tag der Abreise kommt Ucurian von Quellensprung noch einmal auf Jabal zu. “Es war mir eine Ehre, dich kennengelernt zu haben. Möge Rondra dir auf deinem Pfad beistehen.” Jabal nickt ehrfürchtig und reicht ihm den Arm zum Kriegergruß. Ucurian schiebt ihn beiseite und nimmt den Utulu kraftvoll in den Arm “Wenn ich noch etwas für euch tun kann, so sagt es.” Ucurians Stimme hallt über den Hof, geschäftiges Treiben herrscht um sie herum. “Da wäre tatsächlich noch etwas …”, beginnt Jabal. “Falls ihr ein Pferd habt, das mich tragen kann …” Ucurian grinst ihn breit an. “Sagt nichts weiter, mein Freund, ich habe das perfekte Pferd für dich.” Jabal wird ein Tier gezeigt, das ehemals für Herrn Arngrimm ausgebildet wurde. Gigantisch groß, größer als jedes Pferd, das der Geweihte je gesehen hat. Sein Name ist Argon. Ein mächtiger Tobimora Falbe. Das erste Mal in seinem Leben steht er neben einem Pferd, das seinen körperlichen Ansprüchen nicht nur genügt, sondern ihn komplettiert. Allerdings, so Ucurian, sei er noch nicht ganz ausgebildet, da niemand es wirklich mit der Wildheit des Tieres aufnehmen kann.

Die Türklinke fühlt sich kalt an unter Dajins Hand, als er ein letztes Mal zu Jalna sieht, die ihm ermutigend zunickt. Mit ihr hatte er eine wahre Freundin an der Seite, die ihm komme, was wolle den Rücken frei hielt. Ein kurzes Lächeln hellt seine Züge auf. Er konzentriert sich ein letztes Mal auf das, was er den Eleven mitteilen will, und öffnet die Tür. 25 junge Weißmagier schauen ihn an – alle mit dem Gesicht Crasullas. Dajin bleibt schlagartig stehen, blinzelt – und er blickt in junge, neugierige Gesichter, die ihn erwartungsvoll anschauen. Kurz schüttelt er den Kopf, das muss er sich wohl eingebildet haben. Also tritt er vor die Wissbegierigen, natürlich nicht ans Rednerpult, wie es sich gehören würde, sondern er stellt sich zu ihnen, als würde er dazu gehören. “Guten Morgen Bruderschwestern, preiset die Schönheit.” Da er noch immer Crasullas überschminktes Gesicht gedanklich vor Augen hat, fällt ihm kurz die Kontroverse der Situation auf, bevor er weiterspricht. “Ich freue mich heute …” Er stockt kurz. Hat da nicht jemand gesummt? Dieses … Kinderlied, mit diesem Hofvogel, der morgens immer so laut ist … Langsam fährt er mit seinem Text fort, beginnt von Borbarad zu erzählen. Immer, wenn er stockt, ist es leise im Raum, doch wenn er spricht wird das Lied immer lauter, immer lauter bis er nicht mehr sprechen kann und das Lied über den toten Hahn vollständig seinen Kopf füllt, ihn auszufüllen scheint und im Crescendo heben alle Eleven im Raum die Faust zur linken Schulter. Blitzschnell zaubert Dajin noch einen Gardianum um sich und Jalna, jedoch abgelenkt durch das Singen in seinem Kopf merkt er Einschlag um Einschlag um Einschlag, die den Zauberschild erzittern lassen, bis der erste zu ihm durchdringt. Dajin schreit auf und in einer Geste des Zorns reißt er sich die Augenklappe herunter. Hinten, versteckt, in der Ecke steht ein nackter Mann mit roten Haaren, der mit einem breiten Grinsen das Lied singt. In einem Moment des Erkennens schauen sich der Rote Gorm und Dajin an, bevor sich der Nackte davon teleportiert und der Spuk im Hörsaal ein Ende hat. Gleichzeitig löst sich der Beherrschungszauber, der auf den jungen Eleven im Raum lag, die verwirrt von einem zum anderen schauen und etwas erschrocken wirken, als ihnen erklärt wird, was passiert ist. Dajin aber schafft es, in seiner bekannt sympathischen Art, sie zu beruhigen und erzählt ihnen von dem Schrecken der aus dem Osten und Süden kommt, der aber nicht unbesiegbar ist. Nur zwei der Eleven machen abschließend den Eindruck, dass sie von seinen Worten unbeeindruckt sind: Alrik und Belrika. Ein etwas tumber, aber sehr selbstsicherer Typ und ein Prinzesschen. Dajin spricht mit Jalna und bittet die beiden ihm zu überlassen, in der Hoffnung, dass mit etwas Zeit und Dajins Worten, sie auf den rechten Pfad zurückfinden.

Obwohl alle Drei in der Zeit in Ysilia die Lage immer wieder besprochen und durchleuchtet haben, konnten sie sich gut erholen. Außer Dajin haben alle vergessen, wie viel ein gutes Bett und ein Bad von Zeit zu Zeit zur allgemeinen Entspannung beitragen können. Nun, einen Tag vor der Abreise, treffen sie ein letztes Mal Herzog Kunibald von Ehrenstein. Er erteilt den Auftrag, zu den Amazonen und Königin Yppolita nach Kurkum zu reisen. Aufgrund der vielen Brandherde um und in Tobrien möchte er sicher sein, dass sie sich an den Pakt zwischen “Wolf und Löwe” erinnert – er braucht ihre Unterstützung. Sowohl Dajin als auch Moriah kennen den Namen Yppolita von Kurkum schon in anderen Zusammenhängen. Dajin hat sie schon persönlich getroffen, wohingegen Moriah weiß, dass die Königin der Amazonen sich gerne unter fremden Namen in die Festspiele Gareths eingeschlichen – und dann auch jedes Mal gewonnen hat. Das hat der jungen Spielerin immer sehr imponiert, damals aber mehr wegen ihres hohen Geschicks, alle Beteiligten an der Nase herumzuführen. Außerdem ist sie vor nicht mal sechs Monden auf Yppolitas Tochter Gilia gestoßen, als sie mit Vitus, Therbun und Ela Thesia von Ilmenstein auf einem Floß zurück in ihr Zuhause brachte. Auch hat sie dort von der Prophezeiung Yppolitas gehört. Außerdem bietet der Herzog Moriah in diesem Rahmen die Baronie Burgheym als Belohnung an. Noch immer nicht ganz an die Rolle des Zeichens und der Heldin gewöhnt trifft sie das Angebot schrecklich unvorbereitet und eher ungeschickt als elegant, sagt sie noch nicht zu. Die Baronie hat aber ein kleines Grolmenproblem in einer Festung. Doch trotz ihres Zögerns klingen die Worte des Herzogs, sie soll “dort mal vorstellig werden”, in ihr nach.

Bei der Verabschiedung der Menschen, die sie in Ysilia kennengelernt haben und die ihnen wohlgesonnen sind, teilt Jabal Ucurian noch mit, dass Arngrimm ein Werwolf ist und dass man ihn beobachten lassen solle. Sollte er sich als Feind herausstellen, wäre das ein ernstes Problem. Ucurian reagiert nur kurz überrascht. Er sagt, er habe Arngrimms Sohn eine Weile trainiert. Die Fähigkeiten des 16jährigen waren fast unmenschlich. 52.1.2 – Aufbruch und Reise Hart schlagen die Pferdehufe auf dem Weg auf. Der Schneematsch legt den Helden ungewollte Steine in den Weg und die Tage sind noch immer zu kurz und der Wind zu kalt, obwohl die Praiosscheibe täglich an etwas Kraft gewinnt. Im schwindenden Licht sehen sie die Burg auf dem Hügel über dem Ort Nevelungen thronen. Im Gedanken an ein Bett und warmes Essen will Moriah gerade ihrem Tier die Sporen geben, als sie Dajins Blick bemerkt. “Los, Herr Magus, ein wenig Freude!”, grinst sie ihn an. “Gibt es da nicht vielleicht noch eine Liebelei von dir, die uns ein Bett anbieten kann?” Sie zwinkert kurz und fügt hinzu: “Ich nehm auch ein eigenes.” Dajins breites Lächeln bleibt diesmal aber aus. Die beiden Eleven schauen ihren Meister fragend an. “Wenn es euch nicht ausmacht, würde ich lieber im Ort einen Schlafplatz suchen. Der Baron ist ein gefährlicher Mann – Magier und Werwolf oben drauf.” “Und du magst ihn nicht?” Dajin blickt sie kurz an und scheint etwas erwidern zu wollen, als Jabal zurecht einwirft: “Wenn Ihr ihn als gefährlich einordnet, übernachten wir dort nicht.” Ein übertriebenes Seufzen Belrikas, in dem man die rollenden Augen überdeutlich hört, quittiert diese Aussage. So suchen sie sich einen Schlafplatz in dem Ort am Fuße des Berges und kommen nicht umhin, den Trubel zu bemerken, der auf der Burg zu herrschen scheint. Zu späterer Stunde sehen sie einen Botenreiter hinein reiten, was ihnen schon seltsam vorkommt – und als er ein paar Stunden später wieder in die Nacht hinaus reitet sind die Drei zwar argwöhnisch, unternehmen aber nichts.

Der nächste Ort, in dem sie rasten, trägt den Namen Viereichen. Der Bach mit dem seltsamen Namen Haudred unterlegt die malerische Szenerie mit leisem plätschern. Die untergehende Sonne küsst die niedrigen Fachwerkhäuser, bevor sich die Dunkelheit langsam wie eine Decke über das Land legt. Viereichen ist zwar das größte Dorf der Baronie, doch für die Helden doch nicht mehr als ein Dorf. Umso mehr überraschen sie die beiden Schreine: einen für Rondra und einen für Tsa. Außerdem finden Jabal zielsicher einen kleinen Rondratempel und erschrickt, als ihm ein sehr junger, flaumgesichtiger Tempelvorsteher die Tür öffnet. Auf Nachfragen erzählt er selbstbewusst, dass er diente, weil die Göttin seinen Geweihten in den Krieg zog: Er starb mit den anderen Rondrageweihten im Perlenmeer, die gegen Borbarad zogen. Jabal bietet dem Jungen an, einen Rondradienst im Tempel abzuhalten. Er erinnert dabei die anwesenden tobrischen Freibauern an ihre stolze Kultur und ihre Geschichte. Als Dajin am nächsten Tag nach einem kargen Frühstück und halb verschlafen die Tür des Gasthauses öffnet, schaut er in die Gesichter dutzender Bauern, die ihm ihre Waffen entgegenrecken und nach dem Geweihten rufen. “Herr, bitte, segne unsere Bögen! Auf dass sie uns schützen mögen gegen alle Gräuel die da kommen!” Moriah mogelt sich kurz durch die Menge, um sich etwas Abseits das Spektakel anzuschauen, denn Jabal legt all sein Charisma und Leidenschaft für Rondra in eine flammende Rede, während er durch die Menge schreitet und jeden der dargebotenen Bögen berührt. Die, die ihn verlassen, wirken seltsam gelöst und wie von neuem Mut erfüllt. Doch nicht nur sie beobachtet das Treiben von Weitem – auch der Baron schaut mit säuerlicher Miene zu. Dajin hat sich irgendwann neben sie gestellt und nur kurz schauen sie sich in stillschweigender Übereinstimmung an. Das, was sie hier taten, war gut.

Jeden Tag wird es etwas wärmer und jeden Tag fällt weniger Schnee vom Himmel herab. Manchmal, in seltenen Momenten auf der Straße zwischen Viereichen und Warunk, lassen die Luft und der sanfte Sonnenschein vergessen, dass der Winter noch nicht vorbei ist. Durch verschiedene kleine Ortschaften, an Wehrhöfen, verlassenen Hütten und Wäldern vorbei, erreichen der Magier, der Geweihte und die Spielerin irgendwann die nächstgrößere Stadt: Warunk. Die beiden Herren haben es sich zur Aufgabe gemacht, Moriah den Titel der Baronin zumindest sprachlich schon einmal schmackhaft zu machen, indem sie einen Heidenspaß daran entwickelt haben, die junge Frau in jeder passenden wie unpassenden Situation mit ihrem Titel in spe anzusprechen. Schon bei der Ankunft an den Toren fällt Jabal auf, dass dort keine ausgebildeten Soldaten stehen. Söldner. Die freie Stadt scheint sie überall einzusetzen. Der Molchenberg erhebt sich hoch über die Dächer der Stadt, in der im Gegensatz zu dem Tobrien, dass die Helden bisher kennengelernt haben, der garethische Stil in der Architektur deutlich mehr niederschlägt als irgendwo anders – gerade bei den reparierten und neu gebauten Gebäuden. Wie die Besucher, die sie nunmal sind, schauen sie sich die Stadt auf dem Weg zur Burg an und erzählen sich die Geschichten, die sie gehört haben – nicht zuletzt die über den Kampf ihres Freundes Raidris, der im Garten der Burg den Nachtdämon besiegte. Dajin bestätigt, dass dieser Dreigehörnte entweder aus der Sphäre des Schänders der Elemente oder Vielfarbenen Macht stamme – darüber stritten sich die Gelehrten – und dass dieser tagsüber in Gestalt einer seltenen Blüte im Garten gestanden habe.

Der Tag ist noch nicht zu weit fortgeschritten, also machen Dajin und Moriah – den strengen Blick Jabals ignorierend – das, was sie am besten können: Menschen beim Boltan Geld und Informationen entlocken. Dabei stellen sie auch in Warunk fest, dass rotes Gold im Umlauf ist, was die Besorgnis um die Sicherheit der Stadt für sie erhöht. Sie besorgen einen Bleikasten und sammeln so viele rote Münzen ein, wie sie finden können, um abends zur Burg hinaufzusteigen. Sie wollen mit dem Druiden sprechen, um ihn vor der Gefahr des Goldes zu warnen. Allerdings ist der Weg umsonst, da er sich bei einem Vortrag an der Philosophenschule teilnimmt. Dort hören sie einem analytischen Vortrag über Borbarad zu und verlieren Belrika an den Vortragenden, von dem Dajin meint, dass er ein guter Mann ist – außerdem versichert er den Gefährten mehrfach, dass dieser kein Borbaradianer sei. Jabal hat den Vortrag nach nur wenigen Minuten angewidert verlassen. Er versteht nur die Hälfte, ist sich aber sicher, dass schon Magier für Weniger, BEGRÜNDET verbrannt wurden.

Die schimpfende Stimme, die über das Kopfsteinpflaster zu Dajin, Jabal und Moriah hinüber stapft wie eine eigenständige kleine Person, erkennen die Drei unter tausenden wieder: bei der Ankunft in Grünau hören sie ihre Gefährtin und Freundin Fenoscha, die einen Stallburschen zusammenfaltet, weil er die Ponys nicht richtig versorgt. Nach einem freudigen und liebevollen Wiedersehen stellen die Helden fest, dass auch sie auf dem Weg nach Kurkum ist, um an den Pakt zwischen Amazonen und den Brilliantzwergen zu erinnern. So verbringen sie einen wunderbaren Abend zusammen, an dem sie sich über die Geschehnisse austauschen, die jeder erlebt hat. “Aber sagt, Agi”, fragt Jabal, nachdem alle wohlgesättigt mit einem Getränk in der Hand auf ihren Holzstühlen sitzen und kurz den Krieg vergessen haben. “… warum seid Ihr nicht den direkten Weg von Schatodor nach Kurkum gereist?” “Feinde.” Die Temperatur im Raum fällt sofort um mehrere Grad. “In den Beilunker Bergen lauern Zwerge von Brogars Blut, der Weg ist unpassierbar.” Sofort wird das Gemeinschaftsgefühl geschäftiger und die wiedergefundene Gruppe plant, wie sie mit den Amazonen beide Pakte ehren können, um erst den Zwergen in Schatodor und anschließend ganz Tobrien zu helfen. Mitten in der Nacht schwappen bedrohliche Geräusche durch Grünau. Ein Schrei, der verstummt, als Knochen krachen und ein Geräusch, das auch bei einem guten Festmahl zu hören ist, lassen Jabal, Moriah, Fenoscha und Dajin aus ihren Betten springen. Ein Blick aus dem Fenster in die Dunkelheit zeigt im ersten Augenblick nichts, doch je mehr sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnen, umso mehr offenbaren sich die Silhouetten, die weit über die Dächer der Häuser Grünaus ragen. Alptraumhaft schieben sie sich durch die Gassen, zerstören Gebäude und die Schreie der Fliehenden und Gefressenen erfüllen immer häufiger die Nacht. Bis auf Fenoscha ist keiner der Gefährten gerüstet. Jabal stürmt in Stiefeln, Lendenschurz und Helm aus dem Gasthaus, Graufang in den Händen. Unterstützt von Rondra und dem zweiten Zeichen ruft er die Bevölkerung zusammen, um die zentralen Kornspeicher zu schützen. Dort lagert das Saatgut ganz Südtobrien. Zusammen mit Fenoscha und den Zwergen organisiert er die Verteidigung. Währenddessen klettern Moriah und Dajin in ihren Nachtgewändern auf eines der Dächer, während Fenoscha und Jabal weiter stürmen. In der Ferne erblicken sie Galotta, der offensichtlich die Oger unter seinen Willen gezwungen hat und sie gegen die Saatgutspeicher schickt. Dajin schleudert ihm eine mächtige Flammenlanze entgegen, die aber leider von einem Gardianumartefakt aufgehalten wird. Moriah gibt einen Armbrustschuss auf ihn ab und verletzt ihn. Leider nicht schwer genug. Augenblicke später erhebt sich an der Stelle ein Flugdämon, der Galotta und seine Leibwache auf seinem Rücken davonträgt, zwei leblose Gestalten in Roben in seinen Klauen. Fluchend beginnt Moriah die Armbrust erneut zu spannen. Auf dem Platz unter ihnen diskutiert Fenoscha mit Glacerion, bis sich eine glitzernde Eisfläche vor den Füßen der Oger ausbreitet, die – durch die Flucht Galottas – nun eher desorientiert durch die Stadt stolpern und sich auch gegenseitig angreifen. Von ihrem Platz auf dem Dach zählen Dajin und Moriah etwa vierzig an der Zahl, von denen nun die Mehrzahl übereinander zu Fall gebracht wird. Einer der Oger wird auf die beiden Gestalten auf dem Dach aufmerksam und zerschlägt das Gebäude, doch irgendwie schaffen es der Magier und die Spielerin, ihn zu besiegen. Die ersten zwei Oger erreichen die befestigten Kornspeicher. Die Bauern mit ihren Bögen zögern noch, doch da stürmt Fenoscha auf den ersten zu und bringt ihn mit einem mächtigen Schlag zu Fall. Durch sie ermutigt, erledigen die Bogenschützen den Rest. Jabal stürzt sich, ein “für Rondra” auf den Lippen, vom Wehrgang der Palisade auf den zweiten Oger. Die Schwertspitze voran, durchstößt er den Kopf des riesiegen Tumben und landet auf dessen massigen Brustkorb. Der Oger kippt tot nach hinten über. Jabal hält sich auf dem zu Boden krachenden Monster. Als es zum liegen kommt, reißt er Graufang in die Höhe und stößt einen kehligen Schlachtenruf aus. Unter relativ geringen Verlusten gelingt es, die Oger zurückzuschlagen. 52.2 – Freitag, 27.5., Gegen die Natur 52.2.1 – Botenreiter des Bösen, oder? Am nächsten Tag bleibt der Himmel grau. Einige letzte, verstreute Oger wanken durch diesigen Nebel zurück in den Ogerbusch, während sich die Körper der Toten surreal auf den Straßen Grünaus ausstrecken. Es ist anstrengend, einen nach dem anderen zu beseitigen und den Wiederaufbau der Stadt mitzuorganisieren, doch ist es nötig. Im Gespräch ergänzen die Gefährten ihre Informationen: da Oger an sich nicht sozial oder gesellig sind, sondern eher dafür bekannt, dass sie sich gegenseitig umbringen und ihre Nachkommen im Alleingang aufziehen, muss Galotta erneut einen Weg gefunden haben, sie unter seine geistige Gewalt zu bringen. Auch der Zug, die Saatspeicher zu attackieren, scheint strategisch zu sein. Was auch immer Borbarad plant, es scheint alles auf eine Invasion von Tobrien aus hinauszulaufen. Es werden Botenreiter geschickt, um zum einen Verstärkung für Grünau zu rufen – denn es ist wahrscheinlich, dass ein solcher Angriff wiederholt werden könnte – und zum anderen die Herrschenden in Ysilia über das Geschehene zu informieren. Im abschließenden Rondradienst opfert Jabal eine der Ogerkeulen und beschwört wieder die tobrischen Tugenden von Loyalität und Zähigkeit.

Zurück auf der Straße herrscht fast reger Betrieb. Immer wieder im Laufe des Tages kreuzen Botenreiter den Weg der Gruppe in die eine oder andere Richtung. Es fühlt sich fast an wie in einem Ameisennest – doch im Grunde ist es wenig verwunderlich im Angesicht der drohenden Gefahr. Im totalen Kontrast dazu scheint eine erstarkende Frühlingssonne über Wiesen und Wälder und wenn man kurz die Augen schließt, riecht man das beginnende Leben des Jahres. Es ist fast friedlich. Gerade als die Gruppe über eine Hügelkuppe reitet, sehen sie ein paar hundert Meter entfernt erneut einen der Botenreiter – allerdings reagiert er nicht, wie sie erwarten. Er reißt sein Pferd hart am Zügel und dreht ab. Moriah und Jabal schauen sich kurz an, nicken sich zu und geben ihren Tieren die Sporen, jedoch haben sie gegen einen ausgebildeten Botenreiter kaum eine Chance. Gerade, als sie aufgeben wollen, jagt ein Falke zwischen ihnen hindurch, gewinnt an Höhe und verfolgt den Reiter in riesiger Geschwindigkeit. Wie bei der Jagd kreist er danach und zeigt an, dass der Reiter in einem großen Bogen um die Gruppe herumreiten will. Fenoscha startet auf ihrem Zwergenpony mit ihren Gefährten durch und fängt ihn ab, kurz bevor Jabal und Moriah zum Ort des Geschehens kommen. Der Falke segelt in großen Kreisen hinab zu seinen Freunden. Dajin fühlt, wie sich seine Glieder wieder strecken, die Knochen wachsen und das Fleisch sich darum schließt, bis er schließlich wieder ganz er selbst ist. Er dehnt seinen Nacken, streckt sich und beginnt sich anzuziehen, während die Worte Fenoschas und Jabals an seine Ohren dringen, die den Botenreiter gefesselt haben und beginnen, ihn auszufragen. In seiner natürlichen Autorität geht der Maraskaner in die Situation und zu Dritt befragen sie ihn. Moriah sorgt in der Zeit dafür, dass das Pferd des Botenreiters nicht leiden muss, da es in der Verfolgungsjagd durch Waffengewalt zu Fall gebracht worden war. Sie streicht ihm über den muskulösen Hals, legt ihm eine Hand auf die Wange und murmelt beruhigende Worte, bevor sie ihm einen Bolzen ins Gehirn setzt, damit es nicht zu lang leiden muss. Danach durchsucht sie systematisch die Satteltaschen und findet einen Brief mit siebenstrahliger Dämonenkrone, der warm ist – wärmer als Papier sein dürfte. “Dein Name, Freund.” Dajins Stimme ist eindringlich, ruhig, das Lächeln auf seinen Lippen wie immer augenscheinlich authentisch. “Was wollt ihr von mir?” Arrogant schaut der Botenreiter Fenoscha, Jabal und Dajin entgegen. “Welches Recht habt ihr, mich abzufangen?” “Warum bist du vor uns geflohen?”, fragt Fenoscha mit harter Stimme. “Warum habt ihr mich verfolgt?” Der Trotz in seiner Stimme überspielt die Angst, die mit Sicherheit da sein muss. “Dein NAME, Freund.” “Was interessiert euch das? Kurt heiße ich, Kurt Weidenreicher.” “Und wohin wart Ihr unterwegs, Kurt Weidenreicher?” Jabals Statur ragt hinter den beiden knienden Gefährten auf. Aus der Perspektive muss er für den Botenreiter furchteinflößend wirken. “Ich … ich sollte nach Grünau …” In dem Moment taucht Moriah an Dajins Seite auf und hält ihm wortlos den Brief hin. Ein Blick auf die Dämonenkrone und das Lächeln auf dem Gesicht des Maraskaners verschwindet. So enttarnt erzählt Kurt, dass er Borbarad in Muschelstrand getroffen hat und wahrscheinlich von ihm unter einen Zauber gesetzt wurde, damit er so schnell wie möglich unbehelligt diesen Brief an Galotta bringt. Dieser sitzt südlich von Grünau in einer Hütte mit einigen Soldaten. Auch berichtet er von Kriegern in Muschelstrand – den Helden ist klar, dass es die Gefangenen aus Rulat sind. Danah, Baronin Muschelstrands und Dajins Freundin, wurde gehängt. Der Adler wurde gekapert. Ein Froschähnliches Wesen aus einem Busch gezerrt und gefangen genommen, sie setzen ihm sehr zu: Björn wurde gefangen genommen. Mit jedem Satz, den der Botenreiter ausspricht, wird den Helden flauer zumute. Die Nachrichten über die geflohenen Answenisten in Muschelstrand, der Sichtung Borbarads und Björn sorgen nicht gerade dafür, dass sie sich voll auf die bevorstehende Aufgabe konzentrieren können. “Wollen wir uns nicht den Brief anschauen?”, fragt Moriah und ihre Finger streichen über das Siegel. “Dajin, er scheint übrigens … irgendwie zu warm für normales Papier zu sein.” Erneut hält sie ihm den Brief entgegen. “Bist du irre, dass du ihn noch in der Hand hältst? Lass ihn los!” Noch bevor die unbewusste Geste Dajins, mit der er seiner Gefährtin den Brief Borbarads aus der Hand schlagen wollte, sie erreicht, segelt das Schriftstück fast unschuldig ins Gras. Gemeinsam schauen sie darauf. “Und was nun, Dajin?”, fragt Moriah leise. “Angefasst habe ich ihn eh schon. Ich glaube nicht, dass es etwas ändert, wenn wir ihn nun öffnen.” “Jaja … lass mich kurz … Odem Arcanum.” Dajin erkennt einen Invercano und einen Feuerball. “Du kannst noch so viele schlaue Worte benutzen, wie du willst”, grummelt Fenoscha. “… wenn du uns nicht erklärst, was das heißt, sind es nur Worte.” Moriah nickt bestätigend. Dajin erklärt, dass der Brief nur von jemanden mit den Initialien GCEG geöffnet werden kann, also tendenziell von Gaius Cordovan Eslam Galotta. Sollte jemand anders das Siegel brechen, explodiert der Feuerball. Da Alrik von einer Antimagieschule kommt, fragt Dajin ob er in der Lage sei den Zauber aufzuheben. Der Junge sagt zuversichtlich “Ja”, auch wenn der Zauber eigentlich viel zu hoch für ihn ist, aber zusammen mit Dajin, der einen Gardianum zum Schutz zaubert und einem Unitatio für Alrik, gelingt es ihm überraschend. Alrik wächst danach mindestens um 20 Zentimeter, denn er hat ja jetzt den großen Borbarad bezwungen – während Moriah vorliest:

Werter G., Nachdem die Vielmäuligen das ihre getan haben, begebt euch sofort nach Amarasch. Treffen mit ya M., I. N. und B. S. d. B. Troll und Ogerfürst werden ebenfalls da sein. Zuerst Schatodor. Dann K. Ihr habt 30 Tage. Die Paraphernalia um den Steinzertrümmerer zu aktivieren, hat Knop.

Gemeinsam enträtseln sie: “Die Vielmäuligen” - die Oger ya M.: ya Minario, Nekromantin. Von ihr berichtet Dajin, der sie kennt. Sie ist eine gruselige Gestalt, wirkt dürr wie ein Skellett, selbst fast wie untot. Sie ist eine Magierin von ungeheurer Macht. I. N.: Ingolf Notmarker B. S. d. B.: B. Sohn des Brogar Sie greifen erst Schatodor und dann Kurkum an Steinzertrümmerer: eine dämonische Kreatur, die nichts anderes macht, als Steine zu fressen und ausschaut, wie ein gigantischer Wurm Knop.: Knophold, Gegenspieler des einzigen Trollkönigs Ab Ankunft Brief in der Hütte hat Galotta 30 Tage Zeit, um sich vorzubreiten.

“Also müssen wir zurück. Wenn wir die Chance haben, Galotta zu stellen und unschädlich zu machen, müssen wir sie nutzen!” Geleitet von Weidenreicher reiten sie zur Hütte Galottas, in der außer Staub, hastig zusammen gesammelter Materialien, ein paar unnützer Notizen und den Leichen zweier Magier nichts mehr zu finden ist. Er muss geflohen sein, als er von Moriah und Dajin angegriffen wurde. Blutflecken auf dem Boden zeigen zur Genugtuung der Helden, dass sie ihn wirklich getroffen haben. Auf dem Weg zurück liefern die Helden Weidenreicher in Grünau ab und instruieren die dortigen Instanzen. Sie verlieren einen halben Tag und die Zeit läuft. 30 Tage ab jetzt. 52.2.2 – Die Rondrageister von Shamaham Schon seit dem Aufbruch von Grünau begleitet die Gruppe der Anblick der Beilunker Berge. Zu ihrer Rechten ragen sie empor und prägen das Bild der wunderschönen, grünenden Landschaft. Drei Tage sind vergangen, als sie verschwitzt und müde in Shamaham ankommen. Das kleine, ländliche Dorf liegt friedlich in der Abendsonne da, der Rauch der Schornsteine duckt sich tief über die Dächer und darüber ragen die massiven Bergspitzen, die warm unter Praios Angesicht glühen. Einzig und allein der verfallene Rondratempel fällt auf, der rußgeschwärzt fast wie ein Mahnmal am Marktplatz steht. Dajin erzählt von den Geistern, die dort umher gehen. “Wer hat ihn niedergebrannt?” “Abtrünnige Amazonen.” Jabal möchte sich selbst ein Bild vom Zustand des Tempels machen und herausfinden, warum die Geister dort bleiben – Moriah und Dajin begleiten ihn. Während sie des Abends die Ruine erkunden, in der Jabal seinen Gebeten nachgeht, bleibt Fenoscha draußen auf dem Platz. Im Rondratempel sehen sie die Geister von Geweihten, die anscheinend immer und immer wieder, in einer Schleife, versuchen etwas zu schützen, das nicht mehr da ist. Jabal schwört feierlich, nach unserer Aufgabe zurückzukehren, um die gefangenen Seelen der Brüder zu befreien und ihre Aufgabe zu komplettieren. Nicht lang, nachdem der Magier und die Spielerin Jabal in die Ruinen begleiteten, entdeckt Fenoscha eine alte Frau, die aus einer der verfallenen Hütten herausschaut. Die Gesichtszüge sind verbittert, die sehnigen Muskeln unter der Haut sprechen von Kämpfen und Kriegen. Doch ihre Kleidung erzählt von Armut. Neugierig geht Fenoscha zu der Tür und klopft. Die morsche Tür wird einen Spaltbreit geöffnet. Suchend schaut ein Auge über die Zwergin hinweg, bevor es auf die kleine Person fällt. “Was?” “Entschuldigt bitte”, beginnt Fenoscha. “Ich … sah euch von dort drüben. Ihr seht aus wie eine große Kriegerin!” Die Frau tritt einen Schritt zurück, der Spalt in der Tür öffnet sich, aber sie schüttelt vehement den Kopf. “Ich bin keine Kriegerin. Ich bin nur eine arme, alte Frau, die ihre Heimat nicht verlassen will.” Etwas ruppiger fragt sie: “Was genau wollt ihr von mir?” “Ich … dachte, Ihr hättet eine Geschichte, die Ihr mir erzählen könnt?” Fenoscha hält ihr die Hand zum Gruße hin. “Fenoscha Eisenbart Siebenstreich ist mein Name.” Die Augen der Alten weiten sich kurz. “Siebenstreich also, soso. Mein Name ist Arlena.” Unbewusst will sie der Zwergin die Rechte hinstrecken, wechselt aber im letzten Augenblick noch die Hand. Trotzdem entgeht dem scharfen Blick der Zwergin nicht, dass die Schwielen ihrer Hand eindeutig vom Schwertkampf kommen müssen. “Vielleicht habe ich Geschichten für euch …” und ihre Linke Hand macht eine eindeutige Geste. Münzen wechseln den Besitzer und die Frau erzählt. Sie erzählt viel - auch von den Kriegerinnen aus dem Süden. Es sei ruhig bei den Amazonen und man munkelt, dass Gilia noch nicht zurück sei. Bei der Verabschiedung wirkt ihr Segen der Götter bitter, und Fenoschas “Rondra mit euch” zum Abschied ignoriert sie.

“Es gibt neue Streitigkeiten bei den Amazonen”, erzählt der Baron der Beilunker Mark am nächsten Tag, als die Helden bei ihm vorstellig werden. “Einige von ihnen berufen sich auf ihre tulamidischen Wurzeln und wenden sich in ihrer Überzeugung gegen Yppolita.” Dampfender Tee wird in Becher gefüllt und an die Mitstreiter gereicht. “Die Mactaleänata, die “Schlächterinnen der Löwin”, sind vielleicht nicht viele an der Zahl – aber beeindruckend in ihrem Können.” “Ich dachte, wir hätten sie vor Jahren ausgerottet”, denkt Dajin laut. “Ihr erinnert euch von der Geschichte mit den Blutgruben? Die Mactaleänata heben sie traditionell aus.” Die Anführerin der abtrünnigen Amazonen trägt den Namen Makika Bärenfang und sie ist als Siegerin aus einer dieser Blutgruben hervorgegangen. Es wird berichtet, dass es in den Bergen verschiedene Enklaven gibt. “Achtet auf Euch, denn nicht jede Amazone, die Ihr trefft, ist eine Amazone. Auch wir haben Ärger mit ihnen …”

Im Laufe der Zeit in Shamaham finden Dajin und Moriah bei ihren Boltanspielen heraus, dass auch hier ein Zauberer mit rotem Gold mit zwei nivesischen Jägerinnen Richtung Kurkum aufgebrochen ist. Der Beschreibung nach ist es Sulman, der neue Söldner sucht. Moriah besticht zusätzlich ein paar Straßenkinder mit Silber, woraufhin ihr die Kinder alles für sie Interessante erzählen. So erfährt sie zusätzlich bei den Streifzügen mit Dajin: Welcher Bäcker die besten Kekse backt. Als Dankeschön besorgt Moriah, bevor sie wieder aufbrechen, ein paar Tüten dieser Kekse und verteilt sie – die, die über bleiben, teilt sie mit ihren Gefährten. Es gibt in der Stadt einen Händler namens Benma Baumhauser, die mit den Mactaleänata handelt. Allerdings sei Benma zu feige, um selbst zu den Verhandlungen zu gehen, und schickt seine Frau. Über Arlena erfahren sie, dass sie einfach irgendwann auftauchte. Sie sei eine bösartige alte Hexe, die den Namen der Götter nicht in den Mund nimmt. Es herrscht auch Angst wegen der Piratenangriffe. Außerdem erfahren sie, dass es in Burgheym eine Grolmenfeste gibt. Auf dem Weg zurück zur Taverne grinst Dajin sie an. “Eine Grolmenfeste.” “Als hätten wir nicht schon genug Probleme”, murrt Moriah. “Frau Baronin, das werdet Ihr doch lösen können”, feixt Dajin. “Ach, sei ruhig”, murmelt sie nur halb böse, doch ein Teil ihres Unterbewusstseins beginnt zu arbeiten. 52.2.3 – Ein Gespräch unter Freunden Die dicken Stämme der Buchen des Ogerbuschs stehen dicht an dicht. Staunend blickt Moriah in das dichte Blätterdach – so große Bäume sind in ihrer Realität reichlich selten. Ein vager Gedanke formt sich, dass sich die Oger gerade hier sehr gut tarnen könnten, wenn sie nur etwas schlauer wären … Sie schüttelt den Gedanken ab und folgt ihren Gefährten. Der Geruch nach ranzigem Fett und Moschus liegt in der Luft. Durch die tiefhängenden Äste über dem schmalen Pfad hindurch wird langsam eine Palisade aus Holz sichtbar, ein großes Tor, Verteidigungsmaßnahmen – und eine Kriegerin in geschwärzter Rüstung. Dorndorf. In diesem kleinen, unabhängigen Ort herrscht Frieden. Es ist neutraler Boden, auf dem gehandelt werden kann, ohne dass Blut vergossen werden darf. Die Amazonen verkaufen dort, in der letzten Feste im Ogerbusch, ihren Safran; die Mactaleänata alles, was sie aus dem Ogerbusch holen und die ein oder andere zwielichtige Gestalt wird hier Waren los, für die sie in anderen Städten vermutlich gehängt würde. Dajin und Jabal grüßen die fremde Kriegerin, die allerdings nichts als widerspenstige, abfällige Worte für die Männer über hat. Kurz streift ihr Blick Fenoscha, bevor sich die kalten Augen an Moriah heften: “Weshalb spricht dein Wurm mich an?” Moriah macht klar, dass er nicht ihr Wurm ist. Im folgenden Wortwechsel wird klar, dass Morenai von Yeshinna nichts von denen hält, die Männer als ihresgleichen behandeln. Sie will weder reden, noch ihre Zeit verschwenden, indem sie mit einem Unwürdigen kämpft. Sie reizt Jabal so, dass er ihr - als sie die Stadt betritt - hinterherruft: “WAS IST NUR AUS DEN AMAZONEN AUS YESHINNA GEWORDEN?” Sie dreht sich ein letztes Mal um, das Band an ihren Waffen wirkt mit einem Mal wenig beruhigend, als sie antwortet: “Sie werden alle sterben.”

Nachdem Jabal sein Gemüt etwas beruhigen konnte und sie alle ihre Waffen ebenfalls mit Bändern gesichert haben, öffnen sich die Tore auch für sie. Der Boden ist unbefestigt und schlammig, die Hütten aus groben Holz. Rauch hängt über dem Ort und die verschiedensten Gerüche, Stimmen und Geräusche füllen die Luft. Sie folgen dem Weg bis zu einer Art Marktplatz, wo sie zielstrebig im Gedanken an etwas zu essen die Taverne ansteuern. Noch halb im Gespräch mit den anderen öffnet Moriah die Tür – und bleibt beim Anblick der Gestalten, die ihr direkt gegenüber sitzen, wie angewurzelt stehen. Ein Magier, mit roten und grünen Steinen auf der Stirn und südländischem Aussehen, spricht mit einem gutaussehenden rothaarigen Thorwaler. Bei ihnen sitzen zwei ebenfalls rothaarige Nivesinnen, allerdings mit dem Rücken zu den Helden. Als Sulman und der rote Gorm Moriah und die anderen entdecken, die sich gerade in den Raum bewegen, grinsen sie vielsagend und nicken ihnen zu. Der Wirt bemerkt die Spannung bei den kleinen, spitzen Begrüßungsfloskeln und setzt Fenoscha, Yolag, Jabal, Dajin und Moriah an einen anderen Tisch. “Euren Gesichtern nach zu urteilen ist das hier eine Zeit für Schnaps?” Moriah nickt nur, während alle anderen bestellen, was ihnen in den Sinn kommt: Fenoscha Bier, Dajin weicht auf Wein aus, Yolag und Jabal trinken Wasser, das der Geode kurzerhand aus der Pferdetränke geholt hat. Dajin und Moriah beschließen, dass sie auf neutralem Boden mit ihren Feinden reden wollen, als diese sich Vollverschleierung anlegen und Morenai an ihren Tisch tritt. Die beiden Männer verhalten sich so still, als wollten sie mit der Umgebung verschmelzen, während die Frauen ein Gespräch führen. Aus der neuen Perspektive fällt ihnen auf, dass eine der Nivesinnen auffallend grüne Augen hat – fast schon unnatürlich. Der rote Gorm und Sulman haben sich mehr oder weniger verschleiert, als Morenai dazukam. Das erste und das zweite Zeichen schauen sich an. “Es scheint, dass genau JETZT der richtige Zeitpunkt ist, um mit ihnen zu sprechen, meinst du nicht?”, fragt Dajin. “Ich finde, das ist eine hervorragende Idee”, murrt Moriah. Sie stören absichtlich das Gespräch und laden sie an ihren Tisch ein, um einmal auf neutralem Boden miteinander sprechen zu können. Als die Männer dann nach ihren Verhandlungen an dem Tisch der Gefährten sind, ergibt das Gespräch – neben subtilen Beleidigungen – dass sie die Zeichen extrahieren wollen. Bei Björn fangen sie an. Außerdem lebt Leonardo, er hat dem roten Gorm eine Prothese für seine Hand gebaut. Die Helden bleiben besorgt zurück, als sich die Widersacher verabschieden. Sie beraten sich, was sie nun tun sollen – das Verschwinden Björns beunruhigt alle. Allerdings ist er, bei allem was gerade die Welt bedroht, ihre geringste Sorge, auch wenn sie alle ihn am liebsten sofort retten wollen. Sie müssen an ihrem Plan festhalten und wenn die Amazonen besucht, Schatodor sicher und Borbarads derzeitigen Pläne durchkreuzt sind, erst dann können sie nach Muschelstrand aufbrechen. “Doch je länger wir warten, umso unwahrscheinlicher ist es, dass wir noch Informationen dort finden …”, wirft Dajin ein – und jeder einzelne gibt ihm mit einem mulmigen Gefühl im Bauch Recht. Ein weiterer, riesengroßer Brocken legt sich auf ihre Herzen, als sie an den gefangenen Gefährten denken. Als sie die Taverne verlassen wollen, entdecken sie in einer Ecke zwei Grolme, die Astraltränke verkaufen. Im Gespräch berichten sie von einem langsam sterbenden Drachen, der weint und weint und weint … Das bösartige Lachen klingt ihnen noch in den Ohren, als sie Dorndorf wieder verlassen. 52.2.4 – Kurkuma – 17. Peraine (eig. min. 21. Peraine) Der Löwenpass ist steil, eng und schlecht ausgebaut. Mehr als einmal schallen farbenfrohe Flüche durch die letzten Ausläufer des Ogerbusches. Erst in den Beilunker Bergen, als die Ogerbeeren nicht mehr an jeder Ecke ihren Geruch nach ranzigem Fett verströmen, bekommen die Pferde wieder einen sicheren Tritt. Die Landschaft wird felsiger, obwohl sich noch immer stolze Wälder über die Hänge ergießen. Die Luft erzählt noch immer vom nicht so fernen Meer und der Wind der Beilunker Berge begleitet die Gruppe. Schweigend reiten sie hintereinander her. Die Bäume werden lichter und die Berge werden höher, als sich ein Pfeil vor die Beine eines Pferdes bohrt, dicht gefolgt von einem zweiten. Kurz darauf springt eine Amazone vor die Gruppe. “Wer seid Ihr und was sucht Ihr hier? Dies sind nicht eure Pfade.” Die Helden erklären, dass sie mit Yppolita sprechen müssen, aus verschiedenen Gründen – nicht zuletzt auch, um ihr von ihrer Tochter zu berichten. Ihnen wird klargemacht, dass sie nur mit verbundenen Augen nach Kurkum geführt werden können – bis die Amazone Dajin erkennt. Nichts desto trotz lässt er sich freiwillig erneut die Augen verbinden. Kurz, bevor er nichts mehr sehen kann, erkennt er wie viele Amazonen sich mit Pfeil und Bogen in der sie umgebenden Landschaft versteckt hielten. Eine falsche Bewegung, ein falsches Wort und seine Gefährten wären von Deres Antlitz getilgt worden. Hinter den Grenzen von Kurkum wird ihnen die Sicht wieder geschenkt. Sie blicken auf Felder, die sich in einem Tal in die Berghänge schmiegen. Ein Fluss bahnt sich seinen Weg durch das einladende Grün, das Sonnenlicht streift die violetten Safranblüten fast liebevoll. Der Löwenpfad wird hier breiter, stabiler und überall auf den Feldern sehen die Helden Männer, die arbeiten. Auf Burg Kurkum werden wir begrüßt und ziemlich ohne Umschweife wird Jabal gemustert. EIne Amazone stellt recht nüchtern fest, dass er gutes Material wäre, um starke, Rondragefällige Töchter zu zeugen. Er fühlt sich sehr geehrt, wirft aber ein, dass wir erst mit Yppolita reden müssen. Nach den Tagen der Anstrengung bekommen Jabal, Fenoscha, Dajin und Moriah erst einmal Zeit, um sich zu waschen und saubere, reinweiße Hemden, um sich zum Essen mit der Königin der Amazonen zu treffen. Doch erst nach dem Essen wird geredet. Yppolita schickt alle anwesenden Amazonen fort, bis auf Dethlana – der Heerfrau – und Ayla Löwenbrandt, der Rondrageweihten. Moriah schaut ziemlich fasziniert zwischen ihr und Jabal hin und her, als sie fast Phexgefällig miteinander ausmachen, dass sie ein Kind zeugen werden. Mit hochgezogener Augenbraue schaut sie, dieser Kultur völlig fremd, zu Dajin, der nur mit den Schultern zuckt und meint, dass sich das bei den Amazonen so gehört. Auf die Frage, was mit dem Kind geschehen solle, wenn es ein Sohn werde, antwortet Jabal: “Er soll nach Baburin geschickt werden.” Nach diesen Förmlichkeiten berichten die Gefährten, was sie hergebracht hat. Fenoscha berichtet eindringlich, dass der direkte Weg zwischen Schatodor und Kurkum von Feinden blockiert ist, den Zwergen von Brogars Blut. Dieser Weg kann also nicht benutzt werden. Auch Dajin bringt Neuigkeiten für die Königin: Xeraan sei tot, sagt er, doch dessen Herren haben sie bisher nicht stellen können. Die Amazonen wundern sich, wie Feinde so tief in die Beilunker Berge kommen konnten (?) und erzählen den Helden, dass sie vermuten, dass der Drache, der ihr Volk hütet, verschwunden ist. Er sei zuletzt vor 30 Jahren aufgetaucht, als Yppolita selbst ihm geopfert werden sollte – allerdings hat er sie nicht mit sich genommen. Auf die Frage, was der Drache mit den Amazonen will, konnten sie keine Antwort geben. “Schließlich kehrt ja nie eine zurück.” Moriah schaut die Amazonenkönigin aufmerksam an und meint: “In Dorndorf haben wir Grolme gefunden, die von einem sterbenden Drachen berichteten. Sie verkaufen Tränke und behaupten, dass er weint und noch lange weinen wird … das könnte nicht zufällig derselbe Drache sein?” “Da er schon so lange nicht hier war ist theoretisch alles möglich.” Danach erzählen die drei Amazonen von den Mactaleänata. Sie seien anders als andere Schwestern. Es sind nur 15 oder vielleicht 20 Stück, aber sie bekommen Zulauf aus dem Süden und wollen ihren Weg hier etablieren – oder mit anderen Worten: sie sägen an Yppolitas Stuhl. Außerdem haben sie einen Pakt mit dem Ogerkönig geschlossen, was dazu führt, dass sie sich im Ogerbusch relativ frei bewegen können. Sowohl Fenoscha als auch Dajin fragen sie, ob sich die Amazonen an die Pakte mit Zwergen und Menschen erinnern, denn sowohl Schatodor als auch Tobrien sind in Gefahr. Die Königin ist von diesen Fragen fast beleidigt, betont aber erneut, dass sie in diesen Zeiten Kurkum nicht unbewacht lassen kann. Daraufhin erzählen die Helden davon, dass die, die Schatodor angreifen und sichern wollen, danach weiter nach Kurkum ziehen werden. Sie berichten von dem Brief an Galotta und schlagen vor, dass erst Yppolita ihnen hilft, Schatodor zu retten – und sie dann zurückkehren, um an ihrer Seite Kurkum zu schützen. Darauf willigt sie ein, 50 Amazonen mit ihnen zu schicken – eine davon wird Dethlana selbst sein. Als sie tiefer über den bevorstehenden Angriff sprechen weiß (Fenoscha oder Dajin?) zu erzählen, dass der Zwerg, der Ysilia gebaut und mit diesem Geheimgang versehen hat, auch Kurkum und Dorndorf gebaut haben. Fenoscha erkennt die Bauart sehr genau wieder. Sie erzählt, dass genau dieser Zwerg (Name?) immer geheime Vorder- und Hintereingänge in diese vermeintlich uneinnehmbaren Städten eingebaut hat. “Es ist anzunehmen, dass Kurkum keine Ausnahme ist”, sagt Jabal. “Ihr seid gut damit beraten, nach solchen Geheimgängen Ausschau zu halten – in Ysilia wussten die Borbaradianer darüber sehr genau Bescheid.” Sie bleiben zwei Tage bei den Amazonen, während derer Moriah und Fenoscha mit den Amazonen trainieren – Jabal auch, aber auf eine andere Art und Weise. 52.2.5 – Dragons Lair Die Sonne scheint auf den Nacken der Reisenden hinab, als sie sich auf den geheimen Pfaden auf direktem Weg nach Schatodor befinden. Dajin und Jabal erleichtern sich gerade etwas abseits der vielen kampfbereiten Frauen, als sie ein schmerzvolles Heulen mehr spüren als hören. Ein Gefühl von Leid bemächtigt sich ihrer und es erscheint ihnen, als würden die Berge weinen. “… hört … Ihr das auch, Effendi Dajin?”, fragt Jabal etwas irritiert. Zur Antwort reicht Dajin ihm erst seinen Umhang, dann sein Hemd, dann seine Hose und schiebt mit einem nackten Fuß seine Schuhe zum Geweihten. Noch irritierter schaut der Hüne auf den kleinen, jetzt nackten Maraskaner herab, der sich ganz klein auf den Boden kauert. Bevor er die Arme überkreuzt und den Kopf einzieht, sagt Dajin noch: “Ich gehe nur kurz nachschauen.” Als die Verwandlung in einen Falken einsetzt macht Jabal schleunigst, dass er zurück zu Moriah und Fenoscha kommt. “Ich finde es immer wieder verstörend, wenn er das tut”, murmelt er. “Wenn er was tut?”, fragt Moriah. Der Schrei eines Falkens gellt durch die Berge. “Das tut.” Jabal nickt kurz mit dem Kopf in die Richtung des Schreis und hebt wie zur Erklärung das Bündel Kleidung in seinen Armen hoch.

Der Wind unter seinen Flügeln treibt ihn höher, schneller, weiter. Für einen Augenblick genießt Dajin das Gefühl, lässt sich treiben, vergisst kurz seinen Auftrag im Jubel über die plötzliche Freiheit, die ihm diese Gestalt jedes Mal verleiht. Ein paar Flügelschläge und er gewinnt an Schnelligkeit. Das Heulen und Wimmern in seinem kleinen Vogelmagen wird lauter und präsenter, bis er es tatsächlich hört. Zielgerichtet nun folgt er der akustischen Spur bis zu einem Höhleneingang mitten im Berg. Unheilvolles, rotes Glühen sickert daraus hervor wie Öl aus einer umgestürzten Lampe. Gerade, als er sich dem Eingang nähert, zischt etwas bösartiges, schwarzes daraus hervor und streift Dajin mit einer Flügelspitze. Hektisch weicht der wendige Vogel aus. Als er dem Wesen hinterher blickt, erkennt der Magier in ihm einen Dämonen – einen Karakil. War Galotta nicht auf einem solchen Wesen während des Kampfes mit den Ogern geflohen? Für einen kurzen Augenblick blitzt die Erinnerung vor Dajins Geist auf – im nächsten Moment ist das Wesen so schnell verschwunden, wie es gekommen war. Die Geräusche aus der Höhle sind atemberaubend laut und für den Vogel ist es schwer, die Orientierung zu behalten. Doch Dajin kämpft sich nahe genug heran, um Details zu erkennen: Erst offenbaren sich ihm acht riesenhafte Gestalten. Erneut sieht er Oger, nackt diesmal, die um ein Feuer tanzen, beschmiert mit … Blut? Okkulte Zeichen, die ihre Körper schmücken und in ihrer Mitte, größer noch mit pechschwarzer Haut, der in entgegengesetzter Richtung denselben Tanz tanzt: ein Schwarzoger, der die anderen koordiniert. Auf der anderen Seite stehen mehrere Zwerge, die geschäftig einer Arbeit nachgehen, die Dajin auf die Schnelle nicht erfassen kann und erst dann realisiert er, was er die ganze Zeit hinter ihnen sah und nicht wahrhaben wollte: die goldenen Schuppen eine gigantischen Kaiserdrachens. Von ihm gehen die Geräusche und dieses überwältigende Gefühl aus, das den Magier schlussendlich hergelockt hat. Das magische Geschöpf ist verletzt, er weint, er leidet durch die Grolme, die auf seinem Körper herumklettern und unschöne Dinge mit ihm anstellen – all das nimmt Dajin im Bruchteil des Moments wahr. Bevor er in die Höhle zu fliegen droht, dreht er ab. Auf dem Weg zu den Gefährten zurück stellt er die ersten Überlegungen an: Mit drei Tagen mehr Zeit könnten sie von hinten über den Berg zur Höhle hinab klettern, um von oben durch den Eingang zu kommen.

“Wir müssen ihm sofort helfen.” Dethlanas Gesicht ist bei Dajins Worten bleich geworden. “Fenoscha Siebenstreich, bitte entlasst uns aus unserem Pakt, wir können ihn nicht dort lassen – er ist der Beschützer unseres Volkes!” Vollkommen irritiert schauen die Zwergin und die Spielerin zu der Amazone und sagen fast unisono: “Wir helfen euch natürlich!” Auch für Jabal und Dajin gibt es an der Stelle keine andere Möglichkeit, als bei der Rettung Smardurs zu helfen, denn was auch immer dort geschieht ist nichts, was weiter geschehen darf. “Wir müssen uns beeilen”, sagt die Heerfrau der Amazonen noch eindringlich. “Wenn er stirbt, sterben auch die Amazonen Kurkums.” 52.3 – Samstag, 28.5., Spread your Wings 52.3.1 – Drachenzähmen für Fortgeschrittene Der Weg zur Bergkuppe ist beschwerlich. Zwei Mal pro Tag fliegt der schwarze Schrecken, der Dajin in Falkengestalt fast erwischt hatte, zur Höhle und wieder zurück, Fässer in seinen Klauen. Nichts desto trotz bleibt die Gruppierung in den Tagen des Umwegs unbemerkt.

Der Wind auf der Bergkuppe ist stärker zu spüren als auf den Wegen durch die Beilunker Berge. Er zerrt an den Haaren und der Kleidung, während unter den Füßen der Helden die Geräusche aus dem Berg lauter werden und den Wind als Boten nutzen. Jabal und Fenoscha schauen hinab und sehen nichts als steile Felswände. “Und wie kommen wir unbemerkt durch diesen gigantischen Eingang, Herr Magier?” “Keine Sorge, Bruderschwester, ich habe mir etwas überlegt …” Noch während er erklärt, was er vorhat, zaubert er zwei unsichtbare, in der Luft liegende Wände als Plattformen rechts und links des Eingangs. Mit Seilen gesichert klettern sie vorsichtig hinab und ganz entgegen Jabals Aberglaubens, welcher der mit dünnem Schnee berieselten Platte nicht so richtig traut, halten sie etwa zwölf von ihnen. Die Geräusche aus dem Berg sind hier ohrenbetäubend, so dass die kurzen Absprachen, welche die Helden noch treffen, im Innern nicht bemerkt werden können. Als Moriah, Fenoscha, Jabal und Dajin sich jedoch mit einer handvoll Amazonen hinein wagen, bemerken sie nicht nur die, wie sich die Gesänge und das Heulen des Drachens immer weiter steigern, sondern auch, wie das Gestein um sie herum langsam aber sicher destabilisiert wird: hier und da rieselt Stein in feinen Brocken hinab. Einer der wenigen größeren fällt einem der Zwerge direkt auf den Kopf, der wegen des dumpfen Klopfens auf seinem Helm einen verärgerten Blick nach oben wirft. Der Kaiserdrache, der die Szenerie mit einer Art grotesken Schönheit in eine unheimliche Atmosphäre taucht, ist uralt und in furchtbarem Zustand. Er ist immer noch beeindruckend und eine unbeschreibbare Macht geht von seiner Gestalt und seinem Geist aus, und umso schmerzhafter ist es, seine Verletzungen zu sehen. Viele Schuppen sind stumpf und angekratzt, teilweise fehlen Stücke und an gewissen Körperstellen fehlen sogar eine ganze Reihe der natürlichen Rüstung ganz. Der Schwanz des Drachens, der ihm für Balance und Raumgefühl dient, endet in einem kümmerlichen Stumpf, aus dem immer noch langsam Blut heraus sickert. Nicht genug, um ihn sterben zu lassen, aber genug, um immer mal wieder etwas abzuzapfen. Der gigantische Kopf des mythischen Geschöpfs liegt flach auf dem Boden, festgezurrt mit Seilen und Haken, die – einmal von aufmerksamen Augen bemerkt – nicht nur am Kopf angebracht sind. Die Augen wirken ohne Seele und das linke starrt matt und verletzt ins Nichts. Darüber steckt ein Bohrer in einem Loch. “Die Bastarde wollen seinen Karfunkel”, murrt Dethlana, die mit den Helden zusammensteht. Als Fenoscha über diese Szene blickt fällt ihr etwas auf. Die Zwerge, die dort stehen und mit den Grolmen gemeinsame Sache machen, haben ein für Zwerge unverkennbares Gift gegen Drachen eingesetzt. Kurz bevor das Zeichen zum Angriff kommt, brüllt sie noch: “DER DRACHE IST BETÄUBT!” Dajin und Moriah schauen zu ihr, nicken und machen sich dann wieder bereit, allerdings stockt der baldige Erzmagier kurz, schaut Fenoscha an und ruft: “Er ist vergiftet meinst du?” Sie nickt. Dann beginnt die Schlacht.

Rechts und links berührt Dajin seine beiden kämpfenden Gefährtinnen und brüllt: “AXXELERATUS!” – und mit übernatürlicher Geschwindigkeit prescht Fenoscha mit einem “FÜR ANGROSCH!” in die feindlichen Zwerge hinein. Jabal hechtet geschmeidig wie ein Dschungeltiger direkt auf die Oger zu, dicht gefolgt von Moriah, die einem von ihnen in den Rücken und einen Grolm vom Drachen schießt, der dort offensichtlich mit einigem Werkzeug am Schädel des Drachen bohrte. Als er vom Drachenrücken fällt hört man einen leiser werdenden Schrei und dann ein Platschen. Sie lässt die Armbrust fallen, zieht beide Säbel und stürmt an Jabal vorbei, der just in diesem Moment seinen Rondrakamm aus einem der Oger zieht. Sein Schrei “ZUM SCHWARZOGER” schallt über den Kampfeslärm, bevor er sich auf das Geschöpf stürzt, am Drachen und den Grolmen vorbei. Unbemerkt von all dem hat Dajin kurz nach seinem Zauber begonnen, sich auszuziehen, und während er sich auf den Weg macht wird sein Körper graduell durchscheinend und anschließend unsichtbar. Er kommt unbemerkt beim Drachen an, um ihn von seiner Vergiftung zu heilen und sieht die Grolme ebenfalls, von denen gerade einer mit dem im Kessel verhandelt, was es ihn kosten wird, dort hinauszukommen. Im Geiste grüßt er das uralte Geschöpf, bevor er unter einer der gigantischen Tatzen an seine Brust tritt. Beide Hände auf dem Herzen des Drachen murmelt er sanft “Klarum Purum”. Das verbliebene Auge des Drachens öffnet sich augenblicklich, wird klarer, der Blick fokussierter. Die Pupille gleitet suchend von rechts nach links und fixiert dann Dajin als er unter dem Hals hervortritt, aber der Drache merkt instinktiv, dass der Magier kein Feind ist.

Schreiend wird der Rondrageweihte durch die Luft geworfen. Der unheilige Schwarzoger, dem er sich entgegengestellt hat, ist wesentlich mächtiger, als der Rondrageweihte erwartet hat, und als sein Körper auf dem Boden auftrifft, wird es kurz dunkel um ihn. Moriah, die gerade einen weiteren Oger zu Fall gebracht hat, stürzt los, um die Bestie in die Niederhöllen zu schicken. Auf Höhe des Drachen schaut dieser in ihre Richtung und sie merkt, dass er sie angreifen wird, wenn sie ihm nicht klar macht, dass sie zu den Freunden gehört – also verlangsamt sie sich nur etwas und beugt kurz das Haupt. Das scheint ihn soweit zu beruhigen, dass er sie nicht töten möchte. Obwohl der Boden um den schwarzen Löwen noch immer etwas uneben zu sein scheint, richtet er sich auf, schüttelt die Benommenheit ab und brüllt dem Schwarzoger entgegen, bevor er mit seiner Gefährtin an der Seite erneut gegen ihn anläuft. Die Zwerge sind mithilfe der Amazonen soweit zerschlagen, dass Fenoscha sich kurz orientiert und feststellt, dass Moriah und Jabal sich wie die Wahnsinnigen gegen den gigantischen Oger werfen, der brüllend versucht einen von beiden als Waffe gegen den anderen einzusetzen. Flink setzt sie los und bemerkt dabei die Grolme. Diese sind mittlerweile handelseinig und wollen eigentlich verschwinden, was die Zwergin nicht auf sich sitzen lassen will. Sie lenkt kurzerhand ihre Schritte um und rennt mit erhobener Axt auf die Grolme zu. Diese tun sich allerdings zusammen und belegen die Zwergin mit einer Illusion, die ihre schlimmsten Ängste heraufbeschwört. Mitten im Angriff stolpert sie über ihre eigenen Schritte, stoppt in der Bewegung und starrt für alle anderen ins Nichts, zitternd, allein, verlassen. Der Gigant schleudert mittlerweile Zauber nach Jabal und Moriah, die von ihm immer weiter nach hinten getrieben werden. Der noch immer unsichtbare Dajin tritt hinter sie und schützt seine Gefährten unbemerkt mit einem Gardianum, wodurch sie den Anführer der Oger endlich in die Knie zwingen können. Zufrieden wendet er seinen Blick ab und sieht Fenoscha, die noch immer wie angewurzelt vor den drei kleinen, garstigen Grolmen steht und sich nicht rühren kann. “Fenoscha!” Dajins Ruf lenkt auch die Blicke der Spielerin und des Geweihten auf die Szene. Noch vollkommen aufgestachelt durch den gerade errungenen Sieg stürzen die beiden auf die magisch begabten Wesen zu. Als sie sich der neuen Bedrohung gewahr werden, heben sie die Hände in Entsetzen und rufen: “GNADE! PARLÉ! LASST UNS HANDELN!” Doch mit einem Blick auf den Drachen rennen Jabal und Moriah an Fenoscha vorbei, die aus ihrer Starre gerissen wird und sich unmittelbar anschließt. Während die Amazonen noch gegen die Oger kämpfen stoßen die Helden den Kessel um, einen der Kessel der Urkräfte, der dafür sorgt, dass der Drache langsam aber sicher heilt. Als er wieder genug Kraft gesammelt hat, wendet er den Kopf und spuckt Drachenodem in Richtung der Amazonen und ihrer Feinde – die Kriegerinnen werden verschont, doch die Oger verbrennen. 52.3.2 – Eine Klaue wäscht die andere Noch immer schwach, doch stark genug, den Kopf zu halten, schaut der Kaiserdrache auf die verbliebenen Amazonen und die vier Gefährten herab. Das verbliebene Auge mustert jeden von ihnen gründlich. Die Stimme des Drachens macht wie bei anderen seiner Art keinen Umweg über Gehörgänge, sondern erklingt unmittelbar im Geiste, greift nach der Seele und transportiert all die Macht von Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden. “Ich grüße euch, Ihr, die mir und damit meinem Volk geholfen habt.” Die glühende Pupille ruht auf Jabal und nach einer kurzen Pause sagt er: “Was ist mit dir? Du bist irgendetwas … Etwas ist in dir, und es ist nicht deine Göttin.” “[]” Währenddessen durchsuchen eine Handvoll von ihnen, Helden und Amazonen, die angrenzenden Höhlen. Sie finden Grabstätten die gekennzeichnet sind mit den Namen der geholten Amazonen, sowie eine Höhle, in der ganz offenkundig die letzte Gefährtin ihr Leben verbracht hat. Sie hat ein gutes Leben geführt, hier, beim Schützer der Amazonen von Kurkum. Auch erzählen die Kriegerinnen der interessierten Moriah, dass immer nur Amazonen gesetzteren Alters zu ihm gebracht werden, die dann offenkundig bei ihm leben, von ihm lernen und mit ihm kämpfen. Natürlich frisst er keine von ihnen, er hat sie immer behütet – und das, seit der Entstehung Kurkums vor 600 Jahren. Ein Teil des Omegatherions liegt schon seit Anbeginn der Zeit darunter – eventuell hat Rondra absichtlich die Amazonenburgen dorthin gesetzt, wo sie sind, mutmaßt die Gruppe. Während sie beisammen stehen und darüber sprechen, was sie heute erfahren haben, kommt die Idee auf, dass eventuell alle Amazonenvölker durch einen Drachen geschützt werden. Doch schnell wird das Gespräch wieder auf die bevorstehende Bedrohung gelenkt und eine Antwort auf diese Vermutung erhalten sie nicht. “Ihr müsst gewappnet sein”, sagt Smardur. “Denn das, was mein war, wird gegen euch verwendet werden.” Ein Blick auf den geschundenen Leib des Geschöpfes erinnert die Helden daran, wie viel sie selbst von den Grolmen kauften – und wie lange der Drache schon verschwunden war. “Ich wurde bestohlen an Leib und Vermögen”, grollt er. “… und ich werde nicht eher ruhen, bis ich meinen Hort wieder mein eigen nennen kann. Büßen sollen sie, jeder einzelne und dann werde ich euch gebührlich belohnen. Wenn einer von euch ein Körperteil verliert oder am Rande zu Borons Reich wandelt, dürft ihr meinen Kessel benutzen, auf dass ihr weiter im Licht dieser Welt wandelt.”

Loot: 60 Pt Heiltränke - 1 für Dethlana, danach für jeden von uns noch einen (Fenoscha bekommt Moriahs, sie hat es nötiger) 3 gute Toschkrilrüstungen (waren es nicht 2? Also, in meinen Aufzeichnungen stehen drei.) 3 gute Äxte ein verbesserter Felsspalter, Fäden eingearbeitet /magisch), 1 SP mehr als Fenoschas, hat einen wahren Namen, der das volle Potenzial entfaltet - F. muss dafür zu den Zwergen von Brogars Blut eine Armbrust, die so gut ist wie Moriahs alte (verb., also 1W6+7 TP, AT+1) 52.3.3 – Nach Schatodor Die Nacht in der Höhle Smardurs war ungewöhnlich, da die Präsenz des Drachens immerfort spürbar ist. Nichts desto trotz machen sich die Helden mit den Amazonen gemeinsam zurück auf den Weg und stoßen einen Tag später wieder auf die Zurückgelassenen – also auf Alrik. Während sie ihren Weg nach Schatodor wieder aufnehmen sind die Köpfe noch voll von dem erlebten und so dauert es eine Zeit, bis Fenoscha ein “Komisch” murmelt. “Bitte was?” Moriah schreckt aus ihren eigenen Gedanken und schaut die Zwergin fragend an. “Wir sind so nah an Schatodor, dass wir schon auf Feinde treffen sollten.” Sie blickt besorgt in die felsige Landschaft. “Es gefällt mir nicht, dass wir so unbehelligt sind.” Kurzerhand bietet sich der Magier an – wie auch beim Drachen – nachzuschauen, was vor uns liegt. Von weit oben sieht der Falke den Weg, dem die Gruppierung folgt. Die Wälder verbergen viel von dem, was vor sich geht. Umsomehr freut sich Dajin, als sich die Bäume zurückziehen und den Blick auf ein Tal freigeben, das geschützt an einer Bergseite liegt. Ein glasklarer See reflektiert das Sonnenlicht, das Gras wird auch hier langsam grüner und nur der Anblick der Feinde, die dort am Ufer lagern, zerstören den scheinbaren Frieden. Der Falkenblick erkennt ein schlichtes Tor. Nicht so prunkvoll wie das andere, der Haupteingang nach Schatodor rein, doch eindeutig von zwergischer Machart. Am See herrscht emsiges Treiben. Zwischen den Zelten steigen hier und da Rauchfahnen von Kesseln und Feuern auf. Das Klingen und Klirren von Waffen, das Gemurr verschiedener Stimmen und Sprachen folgt Dajin, als er einen großen Kreis über dem Tal zieht. Er schätzt, dass dort etwa 350 Zwerge von Brogars Blut mit zehn Trollen lagern – und dann erblickt er den hässlichsten Troll, den er sich vorstellen kann: Knopphold. Riesig, gehüllt in einen Pelzmantel aus Nagetieren, mit okkultem Schmuck behängt, geht sein Blick zielgerichtet zum Falken. Ein lauter Schrei ertönt und im nächsten Augenblick wird der kleine, wendige Falke von einem gigantischen Riesenalk verfolgt. Panisch schaut der verwandelte Fast-Erzmagus, dass er Reißaus nimmt, obwohl der Vogel ihm etwas in einer Sprache hinterherschreit – die Dajin aber nicht versteht. Das Gefühl, dass Knopphold vielleicht nur mit ihm reden will, geht im Fluchtmodus unter.

“Wie lang ist er nun weg?” “Ein, vielleicht zwei Stundengläser?” “Das gefällt mir nicht.” “Was willst du tun? Hinterher?” “Wenn er in den nächsten 30 Minuten nicht auftaucht …” “… nicht nötig.” Dajins geschwächte Stimme unterbricht das Gespräch der Gefährten. Moriah hält mitten in ihrem nervösen hin und her inne, die Köpfe des Rondrageweihten und der Zwergin wenden sich zu ihm. Er wird von ihnen mit seiner Kleidung versorgt und am Feuer mit heißem Tee erzählt er, was er gesehen und erlebt hat. Er hat den Eindruck, dass die Zwerge sich darauf vorbereiten, alles was fliehen will, zu zerstören. “Dieser See”, schaltet sich Yolag in das Gespräch ein, der sonst nur still zugehört hat. “Er ist ein Freund von mir und er schuldet mir noch einen Gefallen. Den könnten wir nutzen. Außerdem gibt es einen Zugang durch den See, den kaum jemand kennt – so könnten wir in die Stadt hinein gelangen, ohne durch die Feinde hindurch zu müssen.” “Aber warum genau interessiert sich Borbarad so für Schatodor?”, fragt Moriah nach einigen Augenblicken des Schweigens. “Schatodor ist eine gute Festung”, meint Fenoscha. “Außerdem will er darüber den Zugang zu Kurkum.” “Aber nur den Zugang zu Kurkum haben und die Zwerge unter die Kontrolle bringen?” Skeptisch zieht die Spielerin eine Augenbraue hoch. “Normalerweise hat er mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Ziele. Das kommt mir zu wenig vor.” “Es gibt da vielleicht noch etwas andres”, sagt Yolag zögerlich. Er erzählt, dass unter Schatodor ein Vampir liegt mit einem Splitter, der so aussieht wie Jabals Waffe - damit ist für die Helden klar, dass sie in die Stollen gehen müssen und sich nicht im Kampf beteiligen können. Der Plan, den sie aufstellen, ist vergleichsweise simpel: sie gehen durch den See nach Schatodor, was den Gefallen Yolags noch nicht aufbraucht. Dann instruieren sie die Zwerge, dass sie gemeinsam mit dem Amazonen den Hinterhalt zerschlagen und gehen parallel Graufangs Splitter unterhalb der Stadt bergen. Sollte sich der Feind in der Stadt ausbreiten, fluten sie die Gänge und brauchen so den Gefallen des Geoden, damit sie so viele Feinde wie möglich in die Niederhöllen schicken.

Fast sieben Stunden später führt Fenoscha ihre Gefährten durch die unterirdischen Gänge Schatodors. Nachdem die Helden in einer Waschküche aufgetaucht sind und ein paar der dort arbeitenden Zwerge erschreckt haben, konnten sie schnell klar machen, dass sie der brilliantzwergischen Bevölkerung freundlich gesinnt sind. Als sie in der großen Halle ankommen werden sie von den kleinen Nachwuchszwergen bewundert, denn sie haben noch nie Menschen gesehen – vor allem nicht so große wie Jabal, der ihnen mit seinem weichen Lächeln und ruhiger Sprache erklärt, woher er kommt. Allerdings fallen die riesigen Löcher in der Halle auf, die durch die komplette Halle führen. Fenoscha macht sich sofort auf die Suche nach dem König Schatodors, um ihm zu erzählen, wer vor dem Eingang Richtung Kurkum kampiert. Von ihm erfahren wir, dass der Zertrümmerer schon da war, um Schatodor zu durchlöchern und dass er ist teils mit Eisenplatten geschützt ist. Der König – der ein Brillantzwerg ist, wie er im Buche steht – blickt besorgt durch seine Halle. “Scheinbar ist der Dämon noch nicht richtig kontrollierbar”, murrt er. “Etwas scheint dazu zu fehlen. Ein Trank oder so … ich habe von solchen Dingen wenig Ahnung.” In dem Moment geht ein Rumpeln durch den Fels. Steine bröckeln von der Decke und jeder der Anwesenden sucht entweder einen sicheren Stand oder das Weite. Der Steinzertrümmerer bricht durch und die Helden sehen die Rüstung mit eigenen Augen. Aus dem Maul des Wurms kommen Tentakel, die nach rechts und links auf die Angreifer schlagen und Dajin erkennt, dass es der Vater aller Steinzertrümmerer ist: es ist Agrimoths Schlund, der von einem Agribaal beseelt ist. Zehn Schritt lang und drei im Durchmesser bäumt er sich auf und Fenoscha schafft es tatsächlich, ihm mit ihren Waffen Schaden zuzufügen, bevor dämonisches Feuer aus seinem Rachen in die Halle fließt. Er bäumt sich ein letztes Mal auf und es wirkt etwas unkoordiniert, als er sich an einem rein zufälligen Ort wieder ins Gestein stürzt. Danach suchen die Gefährten so schnell wie möglich die Matriarchin Schatodors, um nach dem Splitter zu fragen. Nach längerem Zögern erzählt sie von einem Vampir, der dort seit langer Zeit läge und der nach den alten Überlieferungen ihrer Vorfahren so mächtig gewesen sei, dass man ihn nicht hatte töten können, sondern nur fixieren. In seiner Brust stecke ein Splitter, welcher der Waffe von Jabal in der Struktur ähnelte. Damit erkennen Fenoscha, Jabal, Dajin und Moriah die drei Ziele Borbarads: der Weg nach Kurkum, die Auslöschung oder Übernahme der Zwerge und den Splitter in einem Vampir – das scheint zu passen … Sie wollen nun schneller in die Stollen hinunter, um den Splitter noch vor der Flutung und dem Exitus zu bergen. Die Matriarchin zeigt ihnen das Tor und schließt die unzähligen zwergischen Schlösser auf, die daran angebracht worden sind, bevor sie noch erklärt, dass sie den Aufzug nehmen sollen. “Drückt den untersten Knopf erst ein Mal, dann drei Mal, dann kommt ihr dort hin”, und damit fällt das schwere Tor hinter den Helden zu und lässt sie zurück im Schein von Dajins Fackel. Alle Gänge, Stollen, Wachstuben, die vom unruhigen Schein des Feuers zum Leben erweckt werden, sind ausstaffiert und liegen so vor ihnen, als seien die dortigen Zwerge gerade erst gegangen – wenn man von der Staubschicht absieht. Die Anweisung der Matriarchin noch im Kopf drückt Fenoscha ein Mal und ratternd gleitet das seltsame Gefährt hinab, bis es wieder ruckend zum stehen kommen. Bevor sie noch drei Mal drücken kann, wird die Tür aufgerissen. “Na endlich!” – drei Zwerge, dahinter Trolle, Oger, allerlei Wesen, die offensichtlich nichts Gutes wollen, schauen genau so verdutzt in den Fahrstuhl wie die Helden aus demselbigen hinaus schauen. Den Moment der Vewirrung nutzend, tritt Jabal den vordersten Zwerg gegen seine Gefährten, gefolgt von Fenoschae, welche die Tür wieder zuschlägt und drei Mal den Knopf drückt. Der Aufzug setzt sich wieder in Bewegung, bevor er im freien Fall durch die Dunkelheit segelt. Kurzzeitig schweben den Helden, bevor das technische Wunderwerk wieder einrastet. Etwas benommen stolpern sie in eine riesige Halle, deren Wände sich in der Dunkelheit verlieren. Vor ihnen, in drei mal drei mal drei Schritt, brennt ein Feuerwürfel um einen Glassarg herum. Darin eine reglose Gestalt mit einem unterarmlangen, schwarzen Splitter in der Brust. Sie haben den Vampir gefunden. 52.3.4 – Ein Pakt, sie zu binden Ein Schrei wird immer lauter, bevor mit lautem Krachen ein Körper auf den Aufzug hinter den Helden fällt. Das Wesen im Sarg ist klein, aber kein Zwerg – es sieht vielmehr aus wie ein sehr kleiner Elf, ohne aber auf irgendeine Weise verformt oder zwergisch zu sein. Eben eher wie ein sehr, sehr kleiner Elf. Das heilige Feuer stellt für sie im ersten Augenblick ein schier unüberwindbares Hindernis dar und während in Jabal Graufang grollt: “Geh hindurch, du bist ein Himmelswolf.” Er erstarrt kurz, kämpft gegen den Drang an, einfach durch das Feuer zu laufen – während Moriah die Gefühlswelt des Wesens überprüft, indem sie die Elster um ihre Mithilfe bittet. Sie taumelt zurück, als sie den Hunger spürt, der in dem Wesen vorherrscht. Rasender Hunger. Und da stehen drei Mahlzeiten vor seiner Schlafstätte. Sie zieht im Erschrecken einen Bolzen und schießt auf den Sarg, aber der Bolzen verbrennt. Die anderen schauen sie irritiert an. “Er wird uns fressen, sobald er dort heraus kommt.” Mürrisch beginnt sie die Armbrust neu zu spannen. “Aber er kann dort nicht herauskommen, Moriah”, sagt Dajin. “Genau so wenig, wie wir hineinkommen.” “Aber er lebt, sagst du?” Fenoscha schaut ihre Gefährtin neugierig an. Moriah nickt. “Er lebt. Er fühlt, also lebt er. Und er hat Hunger.” Sie zieht einen neuen Bolzen. “Es hat keinen Sinn”, erreicht sie die Stimme des Geweihten. “Dein Bolzen wird verbrennen, wie der letzte auch.” Sie wollte gerade die Armbrust wieder heben, stockt aber in der Bewegung. “Ihr habt Recht.” Sie seufzt. “Also, jetzt wo wir wissen, dass Waffen schwierig sind, wollen wir mit ihm reden?” Sie grinst schief, weil ihr Vorschlag eher als Scherz gemeint war, aber irgendwie findet sie sich ein paar Minuten später in der Situation, dass sie verstärkt durch das Seelentier und ihr Zeichen den Vampir im Sarg anspricht. Sein Name ist Gralog und er ist einer der Ersten. Nachdem er ihre Erlaubnis hat, setzt er Moriah Bilder in den Kopf von einer Welt, die vergangen ist. Drachen kämpfen gegen Drachen. Pyrdacor herrscht über die Hochelfen in ihrer letzten Stadt: Tie’Shianna. Sie sieht, wie einer seiner Macht wegen von Pyrdacor als Feldherr eingesetzt wird: eine kleine Elfe, die durch ihre Körpergröße unwirklich wirkt. Es ist augenscheinlich Gralog. Hochelfen und Zwerge haben sich zusammengetan, um ihn zu besiegen und ihn hier in diesem Gewölbe einzusperren. Es ändert aber nichts daran, dass die Helden die Splitter aus seiner Brust benötigen – und Gralog begrüßt dieses Vorhaben. Sie verhandeln mit ihm, denn nichts sagt ihnen, dass er sie nicht einfach umbringt, sobald er aus seinem Glassarg hinaus kann. Er widmet sich voll Jabal und sagt: “Du hast auf Kurkum einen Sohn gezeugt. Mache es zu deinem Vermächtnis, dass der Sohn deines Sohnes deines Sohne in 1000 Jahren herkommt und mich regelt. Ich werde derweil dafür sorgen, dass diese, die sich unrechtmäßig Zugang zu Schatodor verschafft haben, zahlreich sterben.” Der Rondrageweihte geht auf diesen Handel ein und leiht sich kurzerhand Dajins Stab, um den Glassarg auf Distanz einzuschlagen – doch dieser bewegt sich nur. Während Fenoscha mit Glacerion verhandelt, entschuldigt sich Moriah bei Jabal und verpflichtet sich und ihre hypothetische Familie bis zu dem Zeitpunkt in 1000 an Jabals Seite zu stehen und ihm und den Seinen bei dieser Aufgabe zu helfen. Währenddessen schafft es Fenoscha, den Eiskelch zur Mitarbeit zu bewegen und versorgt mit einem Eisschild. Mit dem Schild kann er sich der Feuerwand nähern und mit Dajins Stab den Deckel vom Sarg stoßen. Als der Deckel vom Sarg fällt sehen sie, dass das Feuer ihm nichts ausmacht. Moriah klettert kurzerhand darunter und bittet ihrerseits Fenoscha darum, sie mit Glacerions Eis zu schützen, damit sie den Splitter aus dem Vampir ziehen kann. Sobald das Artefakt geborgen ist atmet der Erzvampir hörbar ein. “Tut mir den Gefallen und lasst den Deckel so liegen, dass ich mir Nahrung verschaffen kann”, bittet er die Gefährten. Moriah nickt kaum merklich und bewegt sich unter dem Schutz des Deckels wieder zurück – nur hört sie nun auch die Stimme Graufangs in ihrem Kopf. Sie kriecht aus dem Schutz hervor und sitzt zusammengekauert, den Splitter mit dem Körper schützend, vor dem Rondrageweihten, der die Hand ausgestreckt vor sich hält. In ihrem Kopf fordert Graufang knurrend den Zweikampf, den Kampf um die Führung und sie schaut Jabal nicht an. “Base, du weißt, dass es so besser ist”, murrt er leise. Sie schaut ihn auch nicht an, als sie ihm mit schwerfälligen Bewegungen den Splitter übergibt. Jabal fügt den Splitter zu seiner Waffe hinzu und bricht mit gebrochenen Gliedmaßen bewusstlos zusammen. Ein Heiltrank holt ihn zurück ins Leben und verstört blickt er sich um. Was auch immer im Kopf des Geweihten vor sich geht, es treibt ihn dazu, diesen unheiligen Ort zu verlassen. Moriah, die den Deckel noch so platziert hatte, wie der Vampir es sich wünschte, sieht als sie sich umwendet eine junge, hilflose Frau unter dem Deckel in den Flammen liegen. Sie widersteht dem Impuls, ihr helfen zu wollen – doch die Macht des Wesens ist so groß, dass es ihr wirklich schwer fällt, den Blick abzuwenden. Als Dajin, Fenoscha und die Spielerin Jabal folgen wollen, bietet der Vampir ihnen letztes Wissen an. So wie zuvor bei Moriah allein verbindet er sich mit ihrem Geist und flutet ihre Köpfe mit Wissen: Der Namenlose hatte einmal den Platz von Praios inne. Er war der Götterfürst. Moriah legt ihre Hände rechts und links an die Arme ihrer Gefährten und sagt leise, mit einem kurzen Blick in die Richtung, in die Jabal verschwunden ist: “Erzählt ihm nichts.” “Auf keinen Fall”, murmelt Fenoscha und auch Dajin lässt eine Zustimmung fallen. Danach eilen sie, ohne Verabschiedung, dem Rondrageweihten hinterher, in den zweiten Aufzug. Als sie den Blick zurück werfen hören sie von dem ersten Aufzug, wie die dort landenden Körper, mehr oder weniger versehrt, beginnen zu dem Vampir zu gehen, kriechen, humpeln. Schnell drücken sie die Knopffolge.

Als sie wieder in der Stadt ankommen, hören sie aus weiter Ferne Eindringlinge, die näher kommen. Während Jabal zur Schlacht rennt, bleiben Dajin, Moriah und Fenoscha zurück und schützen die Flüchtlinge. Beim Geoden angekommen macht dieser noch einmal die Optionen klar: entweder ertränkt der See die Feinde in den Gängen Schatodors, oder er bringt die Kinder, Frauen, Alten und Kranken sicher mit einem Strom an den Golf von Perricum. Die Entscheidung fällt ihm nicht leicht, aber letzten Endes entscheidet sich Jabal dafür, die “Schwachen” in Sicherheit zu bringen und nicht zu fluten. So können sie nur hoffen, dass ihr unsterblicher Verbündeter Wort hält und mit einem flauen Gefühl im Magen ziehen sie, begleitet von Zwergen und Amazonen, gen Kurkum.

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Loot

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  • Zuletzt geändert: 2025/07/19 12:02
  • von nassirius